Dampfschiffländte & Kurgarten beim Freienhof

Dampfschiffstation beim Freienhof 1856 – 1904

Fast 50 Jahre lang befand sich dort, wo sich heute die Einfahrt der Tiefgarage beim Hotel Freienhof befindet, eine Dampfschiffstation. Dies war die zweite Schiffländte in Thun, nachdem bereits im Jahr 1835 weiter oben in Hofstetten die Dampfschiffahrt auf dem Thunersee eröffnet wurde. Ab 1863 fuhren die Schiffe dann auch beim Bahnhof Scherzligen für Reisende in Richtung Interlaken. Die Schiffländte, wie wir sie heute kennen, beim Bahnhof, wurde erst im Jahr 1925 eröffnet. Auf der gegenüberliegenden Seite, der Ländte, stand noch der alte Schwarze Turm, welcher in zweijähriger Arbeit von 1894 bis 1895 abgebrochen wurde. Die Ländte besass ausserdem eine der wenigen Kutschenstationen. Weitere befanden sich noch beim ehemaligen Bahnhof, bei der Post im Bälliz und beim Lauitor.

Die Kutscher hatten zur Ausübung ihres Berufes ein Patent zu lösen, einen heftähnlichen sogenannten Kutscherpass, der jährlich erneuert werden musste. Dazu war eine Empfehlung der städtischen Polizeibehörden und die Visionierung durch den Regierungsstatthalter notwendig. Der Kutscherpass war zugleich Zeugnisheft, in welche die Kundschaft ein gutes oder schlechtes Zeugnis eintragen konnten (ähnlich wie heute bei Tripadvisor). Der Kutscher hatte sich über einen guten Leumund auszuweisen, ferner musste er befähigt sein, eine Kutsche anzuspannen und führen zu können. Bestraft wurden Kutscher, die ihre Pferde misshandelten. Gleiches galt auch für Kutscher, «die sich unanständig betragen, sich dem Trünke ergeben oder die ungenügende Fuhrwerke und Pferde aufführen». Jedes Anwerben und Zudringlichkeit gegenüber dem Publikum waren untersagt. Leistete sich ein Kutscher eine Unregelmässigkeit, drohte ihm der Ausweisentzug, unter Umständen auch eine Geldstrafe, Arbeit für die Öffentlichkeit oder sogar Gefängnis.

1903 bekam die Direktion der Dampfschiff-Gesellschaft Thuner- und Brienzersee vom Eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartement die Order, den Ländtebetrieb einzustellen. Die Experten erachteten das Anlegen der Schiffe bei hohem und reissendem Wasserstand als zu riskant und sehr unfallträchtig. Ausserdem fürchtete man eine Kollision der Dampfschiffe, beispielsweise beim Ausfall der Maschinen mit der oberen Schleuse, was schwerwiegende Folgen für die Passagiere, aber auch für den geordneten Abfluss der Aare hätte zur Folge haben können. 1904 wurde dann die zentral gelegene Dampfschiffstation, sehr zum Ärger der Stadt Thun und des dort ansässigen Gewerbes, eingestellt.


Der Kurgarten

Im Dreieck der beiden Aareläufe zwischen der Holzschleuse und dem Freienhof befand sich eine unbebaute und begrünte Fläche, der sogenannten Zinggen.  Dieses Gelände wurde jeweils während der Fremdenverkehrszeit vom Hotel Freienhof in einen Kurgarten umgestaltet. Begünstigt durch die dort liegende Freienhofländte, brachte dieser Garten schöne Einnahmen. Eine Hotelvereinigung, bestehend aus den Hotels Freienhof, Bellevue, Thunerhof der Pension Itten sowie dem Hotel Baumgarten ruften ein 12-köpfiges Kurorchester ins Leben, welches in regelmässigen Abständen abwechselnd mit Konzerten in den Hotels oder eben in der frischen Luft im Kurgarten aufspielte.

Ab 1895 bewilligte, nach einem langen hin und her, der Regierungsrat erstmalig auch den Betrieb eines Rösslispiels im Kurgarten. Die Betreiber durften allerdings nicht mehr als einen Franken Eintrittspreis verlangen und ein Drittel des Erlöses musste an die Stadt abgegeben werden. Der Rest wurde dann für die Betriebskosten sowie zur Deckung der Kosten des Kurorchesters eingesetzt.

Im Kurgarten fanden ausserdem zahlreiche weitere Veranstaltungen statt wie Orchester, Theater, Vorstellungen, Tanzabende, Schiessstände, Freiluftkino-Vorführungen, Mitgliederversammlungen von Vereinen, Basars; sowie sogenannte Foire Champêtre, Jahrmärkte in denen teilweise auch fremde Kulturen nachgestellt wurden (siehe Bildergalerie unten).

1896 wurde hinter dem Hotel Bellevue in Hofstetten der Kursaal eröffnet und der Kurgarten beim Freienhof wurde eingestellt.

Quellen: Oberländer Tagblatt 13.09.1939, Täglicher Anzeiger 09.04.1895, TT 18.02.1978, Kutscher-Verordnung von 1909, Diverse

Ehemaliger Standort Dampfschiffstation

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