Hôtel Bellevue & Bellevue et du Parc
Das Hotel Bellevue ist eine Idee jener Gebrüder Knechtenhofer, die am Anfang des Thuner Fremdenverkehrs stehen. Sie waren es. die begannen, an der Hofstettenstrasse ausländische Gäste einzuquartieren und zu betreuen. Die alten Gasthäuser der Stadt wie etwa das Weisse Kreuz oder der Freienhof waren eher Unterkünfte für Durchreisende gewesen, während nun in Hofstetten Gaststätten entstanden, die dem zu Beginn des letzten Jahrhunderts aufstrebenden Tourismus dienen wollten. Jakob Wilhelm Knechtenhofer erwarb ab 1813 verschiedene Gründstücke in Hofstetten wie das sogenannte «Lindenheim» wo er viele Gäste aus der ganzen Welt unterbrachte mit denen er auch durch seinen Tuchhandel in Kontakt gekommen war. Für diese errichtete er 1818/1819 ausserdem einen Aussichtspavillon in Form eines Tempels: das Jakobshübeli. Dieses stürzte 1907 ein und begrub dabei eine Familie. 1911 wurde es durch einen robusteren Neubau ersetzt. Knechtenhofer erweiterte seinen Besitz laufend weiter und gewährte immer mehr Fremden Logis. Nach seinem Tod führten zwei seiner fünf Söhne, Johann Jakob und Johann Friedrich das Geschäft in seinem Sinne weiter. 1831 erwarben sie das 1810 erbaute Ländtehaus an der Ländte Hofstetten, um es als Gästehaus umzubauen. Oberhalb des Ländtehauses liessen sie im Jahr 1833 einen Neubau errichten, den sie vorerst «Hôtel Bellevue et des Bains» nannten. Der Name bezieht sich einerseits auf die schöne Aussicht, die man dort hatte und anderseits auf die Tatsache, dass sich auf dem Grundstück vorher ein Bad, das sogenannte Buschibad aus dem Jahr 1740 befand. Das Bad wurde im Bellevue noch bis ins Jahr 1842 weiter betrieben. Der Gästestrom hielt an und so ging man an den Bau eines weiteren Hotels neben dem bestehenden. Der Baubeginn war im Jahr 1839 und der Bezug im Jahr 1840. Dieses neue Haus erhielt den Namen «Bellevue et du Parc» oder «du Parc» mit Uhr und Glockentürmchen auf dem Dach. 1854 wurde der das «Chalet Göttibach» als Dependance eröffnet und in der Folge entstanden weitere Chalets im Park, in welchen sich verschiedene Salons befanden wie der «Salon de billard», «Salon de réunion» oder der «Salon de lécture».
Da viel englische Kundschaft abstieg, wurde für sie um die gleiche Zeit eine kleine Englische Kirche erstellt, die heute (neben dem Göttibach-Schulhaus) der christkatholischen Gemeinde dient. Der englische Chaplain lebte bei freier Kost und Logis im Hotel. Als Entgeld durfte er die Kollekte behalten. Wie aktiv die Familie Knechtenhofer war, zeigt der Umstand, dass einer von ihnen, Johannes Knechtenhofer, im Jahr 1835 bei der Firma Cavé in Paris ein Schiff, bezeichnenderweise mit dem Namen «Bellevue» bauen liess: das erste Dampfschiff auf dem Thunersee. 1836 verkehrt das Schiff nach einem regelmässigen Fahrplan. Er nahm das Unternehmen so ernst, dass er sich selber das Kapitänsbrevet auf dem Neuenburgersee erwarb. Von 1844 bis 1864 übernahm der Neffe, Jakob Wilhelm Knechtenhofer das Hotel und hat immer wieder prominente Gäste angelockt wie: Kaiser Napoleon III (allerdings inkognito) oder 1868 der König von Holland. Könige, Prinzen, Herzoge, Grafen, Minister und ihre Frauen samt Gefolge sind hier abgestiegen. Um 1865 wurde das Haus um ein Stockwerk erhöht und ca. 1880 mit einem Saalanbau erweitert.
1890 übernahm die bernische Bodenkreditanstalt die Hotels und 1896 fand die Vereinigung mit dem Grand Hotel Thunerhof statt. Noch ging es gut – 1896 wurde der zur Aktiengruppe gehörende Kursaal eröffnet – aber dann kam der Erste Weltkrieg, welcher der Hotellerie stark zusetzte. Es folgten die Krisenjahre und auf den Hotels wurde laufend viel Geld verloren. 1942 erwarb die Stadt Thun für wenig Geld den Thunerhof, das Bellevue und das Du Parc. Als Hotel blieb einzig das Bellevue erhalten, welches nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nochmals gute Zeiten erlebte. Aber Pläne für einen Um- und Ausbau und mangelnde Finanzen für eine gründliche Sanierung führten dazu, dass der bauliche Zustand sich derart verschlechterte, dass das Haus aus feuerpolizeilichen Gründen geschlossen werden muss. Erst im September 1980 wurde der Hotelbetrieb eingestellt. 2003 wurde das Haus komplett restauriert und umgebaut und ist heute eine Altersresidenz. Im ehemaligen du Parc befindet sich heute der Sitz der Berntorschule.
Quellen: 1: Burgerarchiv Akten-Nr. 504.2 1/6, Mein liebes Thun von Markus Krebser, Gastort Thun, Broschüre “Die englische Kirche im Göttibach”, NZZ 29.06.1907, Diverse.
Standort
In diesem Textteil müsste es wohl 1833 heissen:
Oberhalb des Ländtehauses liessen sie im Jahr 1933 einen Neubau errichten, den sie vorerst «Hôtel Bellevue et des Bains» nannten