Freienhof Thun
Freienhof – ältester Gasthof der Stadt
Der Name Freienhof stammt aus verhältnismässig neuer Zeit, 1781, wo er an Stelle des baufälligen alten Hotel Freienhofes an der Freienhofgasse neu aufgebaut wurde. Der Freienhof stand immer an einem zentralen und wichtigen Platz, beim Sinniplatz bei der Sinnibrücke wo Güter der Säumer aus Italien gewogen und gemessen wurden, gleichzeitig der einzige Übergang, in der Region Thun, wo eine Aarequerung damals möglich war. Neben Restaurant, Güterumschlags- und Lagerplatz (Sust), Zollstelle, Hotel, Fischmarkt, Tanzlokal, Freimaurerloge, Poststelle und Freudenhaus war der Freienhof auch Richtstätte und bot Asyl (Freyungen) für Rechtsbrecher und so kam das Haus auch zu seinem Namen.
Asyle für Rechtsbrecher, die vor willkürlichem Zugriff flüchteten, sind alt und weitverbreitet. Es ist zu unterscheiden zwischen kirchlichen Freistätten in Klöstern und Kirchen und weltlichen „Freyungen“ in Burgen, Gerichtsstätten, Stadthöfen und Zunfthäusern. Das kirchliche Asylrecht mochte ursprünglich fliessen aus der christlichen Auffassung von Schuld und Sühne und dürfte eng mit der Beichte zusammenhängen, aber auch mit dem Bestreben der damaligen Kirche, ihren Einfluss in der Rechtssprechung vorzuschieben und die oft barbarische Praxis zu humanisieren. Die weltlichen Freyungen werden in Zeiten der Rechtsunsicherheit und Rechtswillkür entstanden sein. Sie liegen an Plätzen, die Ansehen genossen oder deren Besitzer die Macht besassen, schutzsuchenden Fehlbaren Asyl zu gewähren, bis ein gültiges Urteil vorlag. Der Ursprung der Fryheit von Thun ist wahrscheinlich in der Gerichtsstätte im und am Freienhof zu suchen. 1
1) aus der Festschrift „Genossenschaft Hotel Freienhof Thun“
Der damalige Hotspot von Thun
Vor 1781 befand sich vor dem Freienhof ein halbkreisförmiger Platz, der „Sinniplatz“ wo Märkte und intensiver Handel stattfand. Der Platz war damals DER Hotspot der Stadt Thun wo sich Händler, Adlige, Kutscher, Richter, Offiziere, Reisende, Handwerker, Gaukler, Schiffahrtsleute, Bettler, Postkartenmaler und nachts auch Kriminelle und Prostituierte aufhielten. Der Freienhof stiess anfänglich direkt an die Aare mit einem grossen Tor für einen direkten Zugang für Schiffe aus Interlaken. Rechts daran angebaut war ein schmales Wohngebäude, das spätere „Gasthaus zum Löwen“. Dieser wurde 1807 abgebrochen und an seiner Stelle ein Salzmagazin erstellt. Später logiert dort auch die Post, daher hiess die Freienhofgasse früher Postgasse, bevor die Hauptpost dann ins Bälliz zog. Daneben stand ein Torturm (1308 porta antiqua), später Zeinigertor oder auch Zytgloggenturm, der seinerseits wieder an die „Landschreiberei“ stiess. Das Tor wurde im Jahr 1805 abgebrochen. Unter dem Lauben des Freienhofs fanden jeweils die Gerichtsverhandlungen statt. Die Kutschen und Pferde der Reisenden „parkierten“ im hinter dem Turm befindlichen „Rossgarten“.
Bilder aus: „Der Freienhof in Thun“, von Paul Hofer, 1903
Wichtige Wegmarken
1308: Erstmals erwähnt als ursprünglich städtische Sust mit Freiheitsstube und Gasthaus.
Ursprüngliche Namen:
14. Jahrhundert: «Ort an der Schiffahrt», 15. Jahrhundert: «Bogkessenhof» nach dem damaligen Besitzer Ymer Bogkess, 17. Jahrhundert: «Taverne zum Engel»
1698 bis 1859: Besitz der Stadt Thun.
1741: Feuersbrunst durch Brandstiftung. Die Stadt behebt den Schaden kaum oder nur notdürftig. Das Haus bleibt 40 Jahre lang eine Ruine.
1781 – 1783: Neubau ducrh Baumeister Friedrich Anneler vom ehemaligen Spätbarock zum Frühklassizismus.
1807: Abbruch der „Porta Antiqua“ aus dem Jahr 1308 oder (auch Zeitglockenturm oder Zeinigertor genannt) zusammen mit der Löwentaverne und dem oberen Spital (Zeiniger-Spital) welche alle neben dem Freienhof standen. Das Uhrwerk und das spitze Dach des Zeitglockenturms wurden danach auf dem Dach des Freienhofs auf einem neu errichteten Uhrtürmchen integriert.
1810: Die Uhr im Türmchen des Freienhof wird mit einem Viertelschlag ausgestattet.
1856: Eröffnung der Dampfschiffstation beim Freienhof. Durch einen Vertrag musste der damalige Freienhofwirt der Schiffahrtsgesellschaft einen Anlegesteg von fünf Schuhbreiten zusichem. Zudem wurde hinter dem Freienhof auf dem „Zinggen“ ein Kurgarten errichtet, der dann 1896 nach der Eröffnung des Kursaals eingestellt wurde.
1904: Die Schiffstation Freienhof wird offiziell aufgehoben, da die Dampfschiffe wegen ihrer Grösse hier nicht mehr anlegen können.
Ab 1900 tagte einmal die Woche im 1. Stock des Freienhofs das Thuner Freimaurerkränzchen „Zur Alpina“, welche dann im Jahr 1920 in den neu geschaffenen Tempel im Falken im Unterbälliz umzogen.
1908-1909: Als rückseitige Erweiterung des traditionsreichen Gasthofes Freienhof entstand das «Schlosshotel Freienhof» und war gleichzeitig Stadt- und Parkhotel mit prächtiger Sicht auf die Kette der Berner Alpen. Das monumentale Gebäude, das den alten Gasthof um ein Beträchtliches überragte, gehörte zu den ersten und anspruchsvollsten Heimatstilbauten in der Stadt Thun. Ebenfalls 1909 wird der Kurgarten des Freienhofs auf das ganze Dreieck zwischen Innerer und Äusserer Aare (genannt «Zinggen») ausgedehnt und der bestehende Musikpavillon ersetzt.
1924: Der direkt an das Schlosshotel Freienhof anschliessende quadratische Wachtturm, welcher noch zur alten Stadtmauer gehörte, wird zusammen mit dem Scharnachtalhaus (Leisthaus), abgebrochen.
1947: Kauf durch die «Genossenschaft Hotel Freienhof» der Arbeiter-Union Thun, welche bis in die 20er-Jahre im Restaurant Hopfenkranz im Unterbälliz ihren Stammsitz hatten. Diverse Bürgerliche Vereine sowie der Männerchor Thun meideten zukünftig demonstrativ das Haus und verliessen gemeinsam mit ihren Stammtischen den Freienhof. In diesen Gruppierungen hiess der Freienhof von da an nur noch der «Kreml von Thun».
1957: Sprengung und Neubau durch die Genossenschaft Hotel Freienhof mit kopierter Fassade. (Siehe Video unten) Bau grosser Saal im 1. Stock und Einzug der Neuen Warenhaus AG, EPA. Das alte Wirtshauschild (siehe oben) wurde wieder übernommen.
1973: Erweiterung des Hoteltraktes.
2001: Umwandlung in eine Aktiengesellschaft.
2018: Gesamtsanierung.
Weitere spannende Informationen in Berndeutsch zur Geschichte des Freienhofs in der Zeitschrift «Alte Gaststätten erzählen» von Paul Schenk, 1945.
Video Sprengung Schlosshotel Freienhof 1957
Standort
Das Wahrzeichen des Freienhofs: ein Unterhosenladen! Als ehemaliger Genossenschafter und heutiger Aktionär schäme ich mich für diese Visitenkarte.