Postgebäude & Kantonalbank im Bälliz

Vom Kornhaus zur Kaserne zur Post

In Zeiten von Kriegsereignissen, Teuerungen oder von Hungersnöten war es wichtig, genügend Kornvorräte zur Herstellung von Mehl und des täglichen Brotes zur Verfügung zu haben. So wurde 1696/98 das Thuner Kornhaus im Oberbälliz an der Äusseren Aare errichtet, das nicht mit dem städtischen Kornhaus an der Schwäbisgasse verwechselt werden darf, welches heute noch steht. Alles Getreide, das auf den Markt kam oder aufbewahrt werden sollte, wurde hier eingelagert und stand unter der Aufsicht eines Kornhausmeisters.

Von 1700 bis 1701 wurde in diesem Gebäude auch Pulver eingelagert, was die Bevölkerung der Stadt in Angst versetzte. Der Strättligturm (Pulverturm) für die vorgesehene Einlagerung des benischen Pulvers im Gwatt, stand noch nicht bereit. 1819 bis 1870 diente das ehemalige Kornhaus im Bälliz vis-à-vis dem Waisenhaus als Kaserne. Als 1864 die Dufourkaserne der Truppe übergeben werden konnte, verwaiste die Kaserne im Bälliz nahezu vollständig. Noch bis 1870 war dort Infanterie einquartiert.

Als die Bürger in Thun im Mai 1871 vernahmen, dass die eidgenössischen Behörden die Verlegung der Post von der Freienhofgasse gegen den (alten) Bahnhof hin beabsichtigte, trat eine Versammlung in der «Krone» dagegen auf, «weil dadurch der Stadt eine Pulsader des Verkehrs entzogen wird». Daraus ist zu entnehmen, dass der neueste Stadtteil Thuns, das Bälliz, damals eine noch untergeordnete Rolle gespielt hat. Knapp 20 Jahre später, am Sonntag, dem 24. November 1889, lud Thun in die ehemalige Turnhalle des Aarefeldschulhauses zu einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung ein. Die Stimmberechtigten wurden noch von Haus zu Haus durch einen Weibel orientiert. Das Traktandum: die Verlegung der Post. 260 Thuner waren anwesend. Die sehr gut besuchte Versammlung hat daraufhin einstimmig beschlossen, der Eidgenossenschaft 1520 Quadratmeter zu verkaufen. Die Gemeinde verpflichtete sich zum Abbruch des Gebäudes, zur Entfernung des Schuttes, zur Nivellierung des Platzes und zur Überlassung von Steinen für den Neubau. Sie erstellt ferner über die äussere Aare eine eiserne Brücke, die Postbrücke. So kam es im April 1890 zum Abbruch der alten Kaserne und noch im gleichen Jahr zum Bau der neuen Post. Dank der Armee kam Thun relativ früh zu einem Telefonnetz: Für das Militärdepartement richtete die eigenössische Telegrafenverwaltung 1884 eine Telefonverbindung zwischen den Militäranstalten und der Zentralverwaltung in Bern ein, an die man in der Folge ein öffentliches Nertz für die Stadt Thun anschloss. 1944 wurde hier die erste vollautomatische Telephonzentrale für die damals 2646 Anschlüsse in Betrieb genommen. Tourismus und Militär waren auch nicht unwesentlich beteiligt, dass aus Thun rege Postkarten verschickt wurden. Ab 2002 befand sich die Hauptpost Thun im Kerschgebäude beim Bahnhofplatz und ab 2021 im Aarezentrum an der Aarestrasse.

 

Der Kurzbesuch der Kantonalbank im  Bälliz

Alte Granittafel Kantonalbank Thun Bälliz vom Thuner Bildhauer Moritz Wethli um 1905

Auf der linken Seite des Postgebäudes stand ab 1905 das im späthistorischen Stil gestaltete wuchtige freistehende Gebäude der Kantonalbank.

Im Entree  des Hauptportals befanden sich links und rechts an den Wänden in prächtiger Umfassung zwei glänzendschwarz polierte Tafeln aus Granit, welche in eingemeisselten goldfarbenen Lettern die Dienstleistungen der Bank anzeigten. Eine der beiden Steintafeln ist heute noch vorhanden (Bild rechts).

Im Erdgeschoss befand sich eine elegante Neurenaissance-Schalterhalle und bis 1922 beanspruchte die Filiale für ihren Betrieb nur die Parterreräumlichkeiten, während die übrigen Stockwerke vorläufig vermietet wurden. Die Berner Kantonalbank ist seit 1862 in Thun tätig. Damals eröffnete sie im Gebäude der Oberen Hauptgasse 12 die erste Geschäftsstelle. Die aufstrebende Entwicklung der Bank erforderte 1870 eine Verlegung in den gemieteten ersten Stock des Eckhauses Allmendstrasse-Scheibenstrasse (heute «Pizzeria la Barca»). Mitte des 20. Jahrhunderts rief aber das zunehmende Geschäftsvolumen erneut nach einem Neubau, der dann auf dem Maulbeerplatz am 13. Januar 1965 eröffnet wurde. Der Bankbau im Bälliz musste nach 63 Jahren schon wieder einem neuen Bauvorhaben weichen. 1968 wurde dieser abgebrochen, und an seiner Stelle wurde der heutige «Stadthof» (heute Metro Boutique und mobilezone) erstellt.

Quellen: Thuner Tagblatt, 21. Dezember 1993 und 24. November 1989, Alfred Wenger, INSA, TA vom 27.10.1905, Kantonalbank von Bern Thun : 1862 – 1962 von O. Schürch Diverse.

Standort

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