Schwäbisgasse & Schwäbistor
Der 1250 erbaute Schwäbisturm (früher auch Lochturm genannt) war Teil der alten kyburgischen Befestigungsanlage und schloss die alte Stadtmauer gegen das Schwäbis und die Aare ab. Der Turm, der zur Sicherung des Schwäbistors und der Aarezufahrt gedient hatte, war im Mittelalter auch ein Henkersturm und besass gegen die Stadt zu ein offenes Viereck mit Zinnen. Später bekam der Turm ein Dach mit einem Spitzhelm und 1844 wurde das Dach und die oberste Etage wegen Baufälligkeit abgerissen. Der untere Teil wurde 1869 in den Neubau der Bierbrauerei integriert. Ausserhalb der Stadtmauer befand sich ein 4 Meter breiter Stadtgraben, die heutige Grabenstrasse. Innerhalb der Stadtmauer wurde dann 1869 die Wirtschaft zur Brauerei und ausserhalb, also gegen das Schwäbis direkt an die Stadtmauer die Bierbrauerei angebaut.
Nach den Erweiterungsbauten wurde die Brauerei von Jakob Feller übernommen, die er dann 1883 seinem etwas eigensinnigen Sohn Gottfried Feller übergab. Am 1. November 1897 ist die Bierbrauerei des Gottfried Feller mit dem damit verbundenen Spirituosengeschäft an eine Aktiengesellschaft übergegangen. Sie wurde unter dem Firmennamen «Aktienbrauerei Thun» weitergeführt. In dieser Zeit gab es noch keine Kühlschränke. Um das Bier zu kühlen wurde im Winter beim Thunersee im Dürrenast tonnenweise Stangeneis gesägt und während den heissen Sommertagen in der Felsenkellerei im Schlossberg an der Burgstrasse eingelagert.
Gottfried Feller war ein grosser Kunstfreund und Förderer des Fremdenverkehrs. Seine Eigenwilligkeit war sprichwörtlich: Feller war nicht nur freisinniger Thuner Gemeinderat, Gemeindepräsident, Grossrat und Nationalrat, sondern auch kantonaler Waffenchef der Kavallerie, Verwaltungsrat der Hotels Thunerhof und Bellevue, der Baugesellschaft Thun sowie der Spar- und Leihkasse Thun. 1891 richtete er in seinem Restaurant Brauerei als erster eine elektrische Beleuchtung ein. Den dazu notwendigen Strom lieferte der «Wassermotor» seines Brauereibetriebs. Er starb 1900 in London und liess sein Testament an alle Einwohner von Thun, Uebeschi und Noflen, wo er Burger war, abgeben. Darin setzte Gottfried Feller das Kunstmuseum Bern als Haupterben seines Vermögens ein. Verschiedene Beiträge gingen aber auch an die Einwohnergemeinde Thun, wobei diese unter anderem den Auftrag erhielt, mit 58 000 Franken innert dreier Jahre Trottoirs und Strassen zu verbessern sowie drei öffentliche Pissoirs zu bauen, eines davon beim Sternenplatz beim Kleinen Löwen.
Nach dem Ausstellungskatalog der ersten Landwirtschafts- und Gewerbeausstellung in Thun von 1899 hatte die Aktienbrauerei zu den Münchner, und Pilsener-Bieren auch Wiener-Bier gebraucht. Wegen verschiedener Umstände wurde die Brauerei 1912 liquidiert. Die Brauerei wurde übrigens in einer Erzählung von Robert Walser verewigt. Das Restaurant Brauerei allerdings blieb noch bis 1968 in Betrieb.
1969 wurde die gesamte linke Seite der Schwäbisgasse im Zusammenhang mit dem Neubau des Coop City Kyburg abgerissen. Gleich sieben Häuser: der Gasthof zum Sternen, eine Gemüsehandlung, eine Metzgerei, das Restaurant Eintracht, eine Schuhmacherei sowie das Restaurant Brauerei und das Gebäude der alten Brauerei fielen dem Baggerzahn zum Opfer. Beim Abbruch der Brauerei kam die zwischen den Häusern stehengelassene alte Stadtmauer und der untere Teil des Schwäbisturms wieder zum Vorschein. Die alte Mauer wurde stehengelassen und der Schwäbisturm anhand von alten Bildern, im Jahre 1971, rekonstruiert.
Das alte Kornhaus von 1762 wurde stehen gelassen. Die heutigen Lauben im Erdgeschoss allerdings, haben nichts mit der Geschichte des Hauses zu tun. Es handelt sich um eine Imitation aus dem Jahre 1979.
Das in der Stadtmauer eingebaute Schwäbistor wurde früher auch Kleintöri oder Säutöri genannt. Da in der dahinterliegenden Berntorgasse jeweils der Schweinemarkt stattfand. Das Schwäbistor wurde 1815 erweitert und 1905 wegen des zunehmenden Verkehrs abgebrochen, als vorläufig letztes von anderen Stadttoren wie: Das Lauitor (1839), das Scherzligtor (1851), das Allmendtor (1853) oder das Berntor (1876). Geblieben ist einzig das Burgtor im Schlossberg.
Quellen: Berner Stadtbibliothek und Fred Feller, Worb, NZZ am Sonntag, 1.9.2013, S. 19,
TT 27.02.1919, TT 24. April 1995, thunintime, Diverse
Abriss Sternen und Brauerei Thun 1969 – Amateurfilm von Heiri Egger
Standort
Hallo Bierfreunde,
neu unter http://www.historische-brauereien-ag.ch
gibt s viel Historisches zu den alten Brauereien im Aargau,
wird laufend ergänzt,
wer hat noch eine Aktie der Thuner Brauerei???
Aktienbrauerei Thun vormals Gottfr. Feller
Aktie über 500 Franken, ausgestellt 28. Juli 1897
Die herrliche Farblithographie, gedruckt von Alb. Christ in Thun, ist für viele die schönste Schweizer Aktie überhaupt. Grosse Ansicht der Brauerei und der Stadt Thun mit Schloss, sowie dem Thuner Wappen mit goldenem Stern.
Gegründet im Jahre 1830 durch Herr J. Feller. 1897 von Gottfried Feller kurz vor seinem Tod in AG umgewandelt und Mehrheit der Aktien der Stadt Thun verkauft. 1905 wurde die Gesellschaft liquidiert. Gottfried Feller war der Initiator des Schweizer Bierkartells, das bis in die 1990er Jahre Bestand hatte. Das Aktienkapital beturg 300’00 Franken und war in 600 Aktien eingeteilt.