Maulbeerplatz

Der Maulbeerplatz befindet sich auf dem Weg vom Bahnhof in die Innenstadt. Über die Bahnhofbrücke, (ehemalige Scherzligbrücke) gelangt man in die Freienhofgasse.

Im 17. Jahrhundert beschloss der Kanton im Oberland, Textilindustrie einzuführen, um so der Arbeitslosigkeit, dem Bettel und Elend vorzubeugen. Nach einem Ratsbeschluss der Thuner Behörden im Jahre 1693, musste jeder Bürger, welcher irgendein Amt annahm, zwei Maulbeerbäume an zugewiesenen Stellen pflanzen. Sie sollten die Nahrung für die Seidenraupen sicherstellen. Aus dieser Tatsache bekam der Maulbeerplatz auch seinen Namen. Im gleichen Jahr wurden von den Behörden über 100 weisse Maulbeerbäume gekauft und angepflanzt. Im Jahre 1786 befand sich auf dem Platz, wo heute das alte Waisenhaus steht, die entprechende Seidenfabrik Nägeli.

Gedicht zum Maulbeerplatz im Thuner Tagblatt vom 12. Dezember 1962Auf dem heutigen Maulbeerplatz stand ungefähr dort, wo heute das Gebäude der Valiant-Bank steht, das Restaurant Maulbeerbaum. Der Platz hiess damals noch «zum Maulbeerbaum». Durch die Umgestaltung des Platzes, im Zusammenhang mit der Eröffnung des neuen Bahnhofes, wurde das Restaurant 1930 abgebrochen. Auch die Frutigenstrasse wurde rund 30 Meter näher zum neuen Bahnhof verlegt, so dass auch die dort gelegene Aarefeldturnhalle entfernt werden musste. Auf dem neuen Platz, welcher nun Maulbeerplatz hiess, entstand 1931 dann das neue Restaurant Maulbeerbaum (später Pickwick-Pub, heute Zahnarztzentrum). Ausserdem wurde die Scherzligbrücke für den aufkommenden Verkehr zu schmal und zu schwach. Im Winter 1922/23 wurde sie abgebrochen und mit der heutigen Bahnhofbrücke ersetzt. Diese folgte nun einer neuen Achse Richtung Bahnhof. Das östliche Brückenende der neuen Bahnhofsbrücke wurde daher 20 Meter nach oben versetzt.

1965 zügelte die Berner Kantonalbank, die vorher im Bälliz, dem heutigen Stadthofplatz stand, auf den Maulbeerplatz.

Der zentrale Verkehrsknotenpunkt war jahrezehntelang unübersichtlich und chaotisch. Man nannte den Maulbeerplatz auch die “komplizierteste Kreuzung Europas”. Ein Gedicht im Thuner Tagblatt vom 12. Dezember 1962 karikiert die damalige Verkehrssituation.

Die Lage entspannte sich erst im Jahre 1988, als in Thun zusammen mit dem Berntorkreisel, dem Progy-Kreisel und eben dem Maulbeerkreisel die ersten Kreisel der Schweiz überhaupt eröffnet wurden.

10.08.1929 Oberländer Tagblatt
Thuns prominenteste Verkehrsdrehscheibe wird auf den Namen Maulbeerplatz getauft.

01.10.1929 Oberländer Tagblatt
Der Maulbeerplatz hat eine bedeutend grössere Verkehrsinsel erhalten und wurde – für Thun ganz neu – mit zwei Lichtsignalen versehen. Alle Verkehrsteilnehmer müssen jetzt um die Insel herumfahren und danach die dementsprechende Strasse ihrer Richtung suchen.

Um 1931 gab es auf dem Maulbeerplatz bereits einen Drehverkehr im Gegenuhrzeigersinn, ergänzt mit Verkehrsinseln und Lichtsignalen. Zumindest in Ansätzen muss es eine Art Kreisverkehr gewesen sein, man kannte oder gebrauchte die Bezeichnung im Städtchen aber noch nicht. Dabei wurden auf dem Platz eigens Strassenschilder mit einem spiralfärmigen Symbol aufgestellt (Bild rechts). TT 04.10.2021

29.04.1932    Oberländer Tagblatt
Am Donnerstagnachmittag wurde das neu erstellte Bankgebäude der Spar- und Leihkasse Steffisburg am Maulbeerplatz in Thun durch eine schlichte Feier eingeweiht.

15.07.1952    Oberländer Tagblatt
Der Maulbeerplatz, der fatalerweise mit dem Linksverkehr befahren werden muss und in welchen fünf Strassen einmünden, soll neu gestaltet werden. Die Entwässerungs-, Pflästerer- und Belagsarbeiten sind bereits zur Konkurrenz ausgeschrieben.

20.08.1952    Oberländer Tagblatt
MIt der Einführung der Trolleybusse wurde der Maulbeerplatz umgestaltet. Die Platzbenützer werden in den nächsten Tagen gut tun, wenn sie sich die neuen Inseln, Markierungen und Wegzeichen gut merken, damit es kein Durcheinander gibt.

12.12.1962    Thuner Tagblatt
Ein von “-rum-” verfasstes und im “Thuner Tagblatt” abgedrucktes Gedicht über den Mittags-Verkehr auf dem Maulbeerplatz endet folgendermassen: “Der Maulbeerplatz sei weltbekannt – Durch sein Zwölf-Uhr-Dürenand!”

27.07.1963    Thuner Tagblatt
Zur besseren Verkehrsregelung am Maulbeerplatz sind zwei Verkehrsampeln vorgesehen, die vorläufig nur provisorischen Charakter haben. Mittlererweile wurden die beiden Signale aufgestellt.

18.11.1983    Thuner Tagblatt
Thuns “Sorgenplatz Nr. 1”, der Maulbeerplatz, wird vorläufig nicht neu gestaltet, aber er erhält noch dieses Jahr eine neue Lichtsignalanlage. Dabei werden auch die Fussgängerströme mit Ampeln gesteuert.

06.03.1985    Thuner Tagblatt
Der Aarefeldleist kritisiert die Lichtsignalanlage auf dem Maulbeerplatz, weil die langen Wartezeiten Kunden abhalten.

1982 produzierte die BBC eine sechsteilige Serie des Spionagefilms “Smiley’s People” mit Alec Guiness in der Hauptrolle. In der fünften Folge ist ab Minute 36:30 ist eine mehrminütige Sequenz auf dem Thuner Maulbeerplatz, im Restaurant Maulbeerbaum sowie in den Schalterhallen der Berner Kantonalbank zu sehen:

Standort

Ein Gedanke zu „Maulbeerplatz

  • 30. Dezember 2023 um 14:27
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    Jürg Duchilio, der sehr kreative, kunstaffine Sohn des Figaros Bahnhofstrasse hat den elterlichen Wohnsitz am Nussbühlweg Thun (unweit Haldimann Watches Riedstrasse) übernommen und nach Vorbild der Sacra Familia Barcelona umgestaltet. Innen und sogar die Fassade. Das spanische Flair kam leider nicht bei allen Nachbarn gleich gut an. Sein Air BnB hat bereits Kultstatus erreicht. Vom TT und Blick online wurde er interviewt. Der Hairstylist Duchilio jr. wohnt in Luzern, wenn sein Thuner Haus gebucht ist.

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