Waffenplatz & Kaserne Thun
Am 17. August 1818 beschloss die aus Vertretern aller Kantone bestehende «Tagsatzung», die Regierung des Staatenbunds, die erste militärische Zentralschule in Thun zu gründen. Dieses zielte auf eine Vereinheitlichung der 33’000 Mann starken eidgenössischen Armee ab. Ein Jahr später wurde beschlossen, eine gemeinschaftliche Lehranstalt zu schaffen. Den Zuschlag erhielt die Stadt Thun, da die Thuner Allmend, bedingt durch den festen Boden aus Kiesablagerungen, ideal als Artilleriewaffenplatz geeignet war und geografisch im Mittelpunkt der artillerieliefernden Kantone lag. Am 1. August 1819 wurde die «Eidgenössiche Central-Militärschule» in Thun eröffnet. Die Soldaten waren im staatlichen ehemaligen Kornhaus im Bälliz untergebracht. Der Strättligturm im Gwatt diente als Pulvermagazin. Die Stadt Thun richtete im Salzmagazin neben dem Gasthaus Freienhof einen Theoriesaal ein und stellte die Waisenhausscheune und den Werkhof an der Aarestrasse zur Verfügung.
Die Ausbildung erfolgte in Französisch, zu jener Zeit die lingua franca in Europa. Die ersten Offiziere der neu gebildeten Schweizer Armee waren vorher meist in französischen Diensten, wie auch Guillaume-Henri Dufour, der Offizier unter Napoleon I war. Erst ab 1833 wurde nicht mehr ausschliesslich in französisch unterrichtet. Von 1819 bis 1831 war Dufour dann Instruktor in der Militärschule in Thun. In dieser Zeit hielt der spätere Gründer des Internationalen Roten Kreuzes folgende Überlegung in seinen persönlichen Unterlagen fest: «Der Krieg scheint Teil unserer Natur zu sein. Er ist eines der grössten Übel, welche die Menschheit heimsuchen. Lindern lässt sich dieses Übel, indem man sich Gedanken zu den Regeln des Krieges macht […]»
1841 kauft die Armee der Burgergemeinde Thun für 150’000 Franken die 505 «Jucharten» (zirka 180 Hektaren) grosse «Untere Allmend» ab. Im Jahr 1842 fand dann darauf eine grösseres und drei Wochen dauerndes sogenanntes Übungslager statt. Eines von vielen riesigen Zeltlagern. Die Zelte der Lager bildeten eine «regelmässige, dem Auge wohlgefällige Linie von 3032 Fuss Länge» (924 Meter).

1863 genehmigte der Bundesrat den Bau einer neuen Kaserne an der Allmendstrasse in Thun. Der Standort befand sich ausserdem idealerweise gleich neben dem ehemaligen Bahnhof. Die Allmendstrasse führte damals als praktisch einzige schnurgerade Strasse von der Allmendbrücke bis ins Zollhaus im heutigen Lerchenfeld. Links von der Strasse siedelte sich danach die Kasernenanlagen – und rechts die Rüstungsbetriebe an. Im Jahr 1867 bezogen die ersten Truppen den noch unfertigen Kasernenbau. Die Eidgenössische Kaserne wurde demnach im jungen Bundestaat, der 1848 gegründet wurde, früher fertig gestellt als das Bundeshaus in Bern, welches erst 1902 eröffnet wurde. Die Mannschaftskaserne war auf eine Kapazität von 1162 Personen ausgelegt, Stallungen waren für 400 Pferde gebaut. Auf der Vorderseite befanden sich zwei Springbrunnen. Nach knapp zehn Betriebsjahren waren die auf der Rückseite des Gebäudes aufgestellten hölzernen Latrinentürme verfault. Sie wurden 1876 durch Steintürme mit Zinnenkranz ersetzt, die an mittelalterliche Wehrtürme erinnern. Auch die beiden raumgrossen Badebecken vermochten die hygienischen Bedürfnisse nicht mehr zu decken. Der Eidgenössiche Oberfeldarzt pries 1884 die Vorteile von Raum-, Zeit-, Wasser- und Brennmaterialgewinn von Duschen gegenüber den Bädern und so wurden 1890 diese dann auch in der Kaserne Thun mit Grossraumduschen ersetzt.
Ab 1915 begann man mit dem militärischen Flugbetriebes auf der Thuner Allmend sowie der Produktion eigener Flugzeuge.
Während der Kriegsjahre umfasst die Schweizer Panzerarmee aber nur 28 Fahrzeuge. Thun verliert durch die «Reduit-Strategie» vorübergehend an Bedeutung. Die Armee zieht sich in die Berge zurück, und Oberbefehlshaber Henri Guisan bezieht den Kommandoposten nicht in Thun, sondern in der Villa Cranz in Interlaken. Von 1936 bis 1939 wird die Dufourkaserne erbaut, benannt nach Henri Dufour. Nach dem Bau der Kaserne nimmt die Armee die Ausbildung von Leichtpanzerfahrer auf.
Ab 1987 beginnt in Thun die Ausbildung auf den deutschen «Leopard 2»-Panzern. 2003 wird der erste moderne Panzersimulator in Thun eingerichtet. Für die Zukunft will das VBS die militärische Nutzung auf zentralen Teilen der Kleinen Allmend einstellen und die zivile Nutzung möglich machen. Heute ist der Waffenplatz Thun mit 6,5 Quadratkilometer der grösste der Schweiz. Rund 90 Prozent der Fläche dienen als Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen.
Quellen: Oberländer Tagblatt, 16. August 1952, Jungfrauzeitung 19,08.2019, Schweizerisches Rotes Kreuz, Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK „Die Eigenössischen Kasernen in Thun“, Diverse
Unter Militär fehlt irgendwie das Zeughaus, das grosse logistische Leistung erbrachte
Es gibt ein Bild über das Zeughaus im Gwatt unter:
https://thunensis.com/galerien/gwatt/