Der Berntorplatz

Wer durch das 1876 abgebrochene Berntor in die Stadt Thun einreisen wollte, musste im neunzehnten Jahrhundert seinen Obolus entrichten; Zoll bezahlen. Deshalb wurde 1827 ausserhalb des Berntors für den Zollbeamten ein Wohnhaus gebaut. Auswärtige mussten die Waren, die sie nach Thun hineinbrachten, verzollen. Wer meinte, er könne mit seinen Waren beim Schwäbistörli in die Stadt hineinschlüpfen, täuschte sich, wurde er doch zum Zollhaus am Berntor zurückgeschickt.

Nach der Abschaffung der Binnenzölle 1848, blieb das Zollhaus verwaist, bis eine ausserordentliche Gemeindeversammlung am 4. Mai 1875 beschloss, das Zollhaus der Ortspolizei zu verkaufen, die dann von diesem Standort aus in der Stadt während etlichen Jahren für Ruhe und Ordnung sorgte. Das Gebäude wurde 1950 abgebrochen.

Fulehung Denkmal BerntorplatzAuf dem Berntorplatz befindet sich ausserdem das Knabenschützenhaus welches 1583 für die Knaben-Armbrustschützen erbaut wurde. Rund 400 Jahre später, im Jahr 1979, durften während des Ausschiessets auch Mädchen teilnehmen. Nicht ganz zufälligerweise befindet sich seit 1955 auf dem Berntorplatz auch das Fulehung-Denkmal der Künstlerin Unike Maler. War doch der Fulehung ursprünglich der «Zeiger» bei (bis 2003) aus Lehm geknetete Zielscheiben vor dem aus dem Jahr 1888 stammenden Scheibenstand (Täntsch).

Auf dem Berntorplatz standen mehrere Restaurants und Hotels unter anderem der Gasthof Sädel oder das Hotel Emmental. Ausserdem wurde rechts des ehemaligen Berntors aus dessen Trümmern ein Haus gebaut, welches ab 1882 unter dem Namen «Hotel du Sauvage» (zum Wilden Mann) geführt wurde. Ab 1903 kam dann unter einer neuen Leitung noch eine Brasserie dazu und das Hotel hiess danach «Bayrischer Hof» wo auch Versammlungen, unter anderem 1911 die HV des FC Thun, stattfanden. Seit 1930 beinhaltet das Haus die Berntorapotheke. Links vom ehemaligen Berntor entstand ausserhalb der ehemaligen Stadtmauer 1899 der Anbau mit Terrasse beim Restaurant «Rössli».

Ein wichtiges, markantes Gebäude auf dem Berntorplatz ist der aus dem 13. Jahrhundert stammende Chutziturm oder auch Freundschaftsturm oder Litzeturm, welcher Teil der Stadtmauer ist. Dieser trug aber auch weniger anmächeligen Namen wie «Zuchthausturm» oder «Zuchtturm», weil er auch als Unterkunft armer Leute (Gesindel) diente, welche man hier «züchtigen» (erziehen) wollte. «Chutziturm» ist eine sprachliche Neuschöpfung in Anlehnung an Käuze welche wahrscheinlich in den Gebälken des Turms genistet haben sollen.

Die Grabenstrasse, die vom Berntorplatz in Richtung Eissporthalle führt, hat ihren Namen vom mittelalterlichen Stadtgraben, welcher ursprünglich eine Tiefe von drei Metern bei eine Breite von dreizehn Metern hatte. Später wurde der Stadtgraben von den Stadtbewohnern als Gärten verwendet, im ausgehenden 19. Jahrhundert dann ganz aufgefüllt. Als ab 1913 das Thuner Tram durch die Untere Hauptgasse kommend, über den Berntorplatz in Richtung Steffisburg fuhr, verlegte man den Viehmarktplatz von der Marktgasse an die Grabenstrasse.

Standort

Quellen: Dr. K. Zollinger, erschienen als Sonderdruck 3.9.1955 im «Oberländer Tagblatt», Bachelorarbeit Mevion Heim 5.07.2021, TT 20.09.1980, Diverse

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.