Hotel Falken

1810 erwarb Abraham Dänzer, ein Fellhändler und Handelsmann aus Adelboden, am Ort des späteren Restaurants und Hotels Falken ein Doppelhaus mit Scheune, Stöckli und Garten. Er liess das Haus, welches sich an der ehemaligen Ringmauer befand, abbrechen und errichtete an dessen Stelle ein Wohnhaus mit Brauereien. 1816 erhielt er schliesslich vom Staat Bern die Konzession, um die Brauerei zu betreiben. Sein Schwiegersohn David Schmid-Dänzer liess die Gebäude aber abbrechen und erstellte 1835 den Gasthof Falken. Auf dem Dach befand sich anfänglich eine mit Kupfer bedeckte Aussichtsterrasse (Belvedere), um das Bergpanorama zu geniessen.

Im geräumigen Falkensaal im ersten Stock fanden fortan unzählige Anlässe wie Theateraufführungen, Konzerte, politische Veranstaltungen, Bälle, Schulfeste oder Jahresversammlungen diverser Vereine statt. Der Saal war neben dem Freienhof das einzige Lokal für grössere Anlässe. So wurde zum Beispiel dort 1836 die Annahme der ersten liberalen Staatsverfassung oder 1859 die Eröffnung des ersten Thuner Bahnhofs gefeiert. Das Gasthaus hatte 40 Zimmer, meist mit Alkoven (Schlafnischen).

Der Falken wurde in dieser Zeit zu einem Zentrum des kulturellen Lebens der Stadt. «Während in den Etablissements in Hofstetten vornehmlich die fremden Reisenden abstiegen, sah man im Falken Kaufleute, Schweizer Reisende, Offiziere und Landleute. Nach der Eröffnung des Bahnhofs transportierte der Hotelportier mit einem Maultier das Gepäck der Hotelgäste zum Falken. Der Halbesel wurde später von einem Hotelomnibus abgelöst. Der Kutscher blieb jeweils auf dem Bock sitzen und rief mit sonorer Stimme «Faucon!».

1876 ging der Falken von den Brüdern Christian und Johannes Gerber an Johann Matti über, welcher sich in Thun niederliess und sich in ausserordentlichem Masse für den Tourismus einsetzte. So setzte er sich unter anderem für die Errichtung eines Thuner Kursaals ein. Auf der gegenüberliegenden Strassenseite im Unterbälliz erstellte er 1877 die Falkenstallungen, wo die Reisenden ihre Pferde deponieren konnten sowie ein Ofenhaus. Beim Hotel enstanden ein Musikpavillon sowie ein Eishaus; in der unteren Falkenhalle riesige Wandbilder, die Schweizer Seen mit Voralpen und Gletschergipfel darstellten.

Im Jahr 1925 wurde im Falken aus dem Freimaurerzirkel eine eigene Loge mit mit dem Namen «Phönix» gegründet. In einem separaten Raum installierte man dazu einen eigenen Freimaurer-Tempel.

Neben professionellen Schauspieltruppen traten im Falken auch Laientheatergruppen diverser Vereine auf. So bot 1861­ ­etwa die «dramatische Ge­sellschaft der Waadtländer ­Studenten in Bern» eine dra­matisch-musikalische Abendunterhaltung in fran­zösischer Sprache, oder der Thuner Grütli­verein (vaterländisch orientier­ter Arbeiterverein) sorgte 1893 mit dem patriotischen Schauspiel «Das Glück oder nur ein Schulmeister» für einen dicht besetzten Falkensaal.

Mit der Erfindung des Films um die Jahrhundertwende hielt das Kino Einzug in die Städte. Im unteren Falkensaal fanden vorerst einzelne kinematografische Vorführungen statt, bis er 1919 zum «Grand Cinéma Falken» mit 268 Sitzplätzen mit drei Sitzkategorien (Parkett, Loge, Balkon) umgebaut wurde. Der «Grand Cinema Falken» war damit das dritte Innenstadtkino neben dem Löwenkino an der ehemaligen Bahnhofstrasse und dem Volkskino im Oberbälliz. Der Projektor befand sich aareseits über der Terrasse, die Leinwand beim Eingang. 1930 wurde das Kino für den Tonfilm umgebaut und das alte Klavier, welches bisher für musikalische Begleitungen diente, wurde immer mehr obsolet. 1952 wurde der Kinoraum renoviert und um 180 Grad gedreht. 1961 wurde der Kino geschlossen und in eine Filiale der Schweizerischen Bankgesellschaft SBG umgebaut (heute Boutique ANOUK).

1974 wurde der Falken von der Stiftung für Wohnfürsorge für betagte Einwohner der Stadt Thun gekauft. 1993 wird das Altersheim saniert. Das Restaurant wird weitergeführt, allerdings ohne die Aare-Terrasse mit den schattenspendenden Rosskastanienbäumen.

Ab 2008 entspricht das Altersheim Falken nicht mehr den kantonal gesetzlichen Ansprüchen und muss daher angepasst werden. 2013 geht an die AEK Bank 1826 über und das Seniorenheim wird geschlossen. 2020 wird das Wohn- und Geschäftsgebäude wiedereröffnet auch wieder mit einem Restaurant und wieder einer Aare-Terrasse.

Quellen: TT, 29.05.2018, “Mein liebes Thun” von Markus Krebser, TT 08.09.1975, TT 20.09.2017, 50 Jahre Freimaurerloge Thun, Hotel Falken Rückblick auf die Geschichte des Bälliz und seines Hotels zum 25. Jahrestag der Übernahme des Hotels Falken durch die Familie Robert Hunziker-Ritschard 1963, Diverse

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