Berntor Thun

Das mayestätische Berntor, welches für Besuchende von Bern schon von weitem, zusammen mit dem Schloss, lange Zeit zum Stadtbild gehörte, wurde 1489 noch «Bernthor» genannt und gehörte zum Mauergürtel entlang dem Stadtgraben. Das Tor befand sich an der heutigen Grabenstrasse, welcher seit der zweiten kyburgischen Stadterweiterung um 1250 die Stadt gegen Nordwesten abschloss und befand sich am Ende der Unteren Hauptgasse. In diesem Mauerzug sind heute noch der Chutziturm und der Zyroturm erhalten sowie der rekonstruierte Lochturm in der Schwäbisgasse beim Warenhaus Kyburg. Die heutige Grabenstrasse bildete den alten Stadtgraben und vor dem Berntor befand sich eine Grabenbrücke. Der Burggraben fing im Bereich der Burgstrasse 43 (heute Velohandlung) an. Das sieht man gut am unteren Luftbild, da dort eine Brücke über den Stadtgraben führte. Urkundlich erwähnt wird das Berntor erstmals 1344, und zwar als «Halstor». Aus dem 16. Jahrhundert wissen wir von grösseren Bauarbeiten am Turm, der damals auch als Gefängnis diente. Die Uhr wird 1602 erwähnt, und 1717 wurde die Glocke im aufgesetzten, eleganten Dachreiter ausgewechselt.

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Turm mit einem neuen, schmucken Zifferblatt ausgestattet. Zuoberst im Türmchen hing eine Glocke, die aus der vorreformatorischen Zeit stammte.  Uhren an Türmen waren ein weltliches Gegenstück zur Kirche und bedeuteten eine gewisse Unabhängigkeit von deselben. Bis gegen 1850 erklang dreimal am Tag eine liebliche Melodie des Posthorns. Damit kündigten sich die Pferdepostkutschen an. die aus Bern nach Thun fuhren.

Allerdings hatten die Thuner je länger je weniger Freude an dem engen Zugang zur Stadt. So ärgerten sie sich, dass sich der allzukleine Durchgang immer stärker zu einem Verkehrshindernis entwickelte (siehe Leserbriefe unten). Zwar kämpften viele dafür, den schmucken Turm beim Berntorplatz zu erhalten. Trotzdem wurde der grösste der alten Thuner Stadttore, im Jahre 1876 abgebrochen. Das Berntor war das zweitletzte von insgesamt 6 abgebrochenen Stadttoren. 24 Jahre später wurde dann auch das vorläufig letzte, das Schwäbistor, abgerissen. Es sind die beiden einzigen Toren, von denen noch Fotografien existieren. Die anderen Tore, wie das Lauitor (1839), das Scherzligtor (1851) und das Allmendtor (1853) waren schon früher der Stadtentwicklung geopfert worden. Einzig das Burgtor hinter der Burg hat überlebt. Mit dem Bauschutt des ehemaligen Berntors wurde teilweise das Gebäude rechts davon erschaffen, wo sich lange die Berntor-Apotheke befand.

Quellen: TT, 12.02.1996, TT, 06.10.1986, Jahresbericht Schloss Thun 1974, Div.

Alte Leserbriefe zum Berntor

«Bescheidene Frage. Liegt es wohl im Interesse des öffentlichen Verkehrs, dass der ohnehin enge Pass beim Berntor an Markttagen derart durch den Ziegen- und Schafhandel versperrt wird, dass man mit Mühe zu Fuss durchkommen kann? Wäre die Grabenstrasse nicht etwas geeigneter zu diesem Markte, oder muss es wirklich sein, dass dieser Handel mitten in der Strasse stattfindet, als ob an der hinteren Gasse nicht genug Platz wäre, jedenfalls an gewöhnlichen Markttagen?»
12.11.1853

«Öfters müssen Besucher Thuns, die aus dem Emmental oder von Bern herkommen, vor dem Berntor anhalten, ja sogar fünf Minuten warten. Wann wird dafür gesorgt, dass dieses Kunstwerk von Berntorturm weggeschafft und die Strasse etwas abgegraben wird?»
21.03.1854

«Vor bald zwei Jahren beschloss die Regierung, das den Verkehr hemmende Berntor müsse weggeschafft werden. Um diesen Beschluss scheint sich aber seither kein Mensch bekümmert zu haben, denn dasselbe steht noch völlig unangetastet da. Welches sind die vollziehenden Beamten, die sich solche Nasen drehen lassen?»
08.08.1855

Rekontruktion des Berntors – ein Gedanke
Im Zuge der Neugestaltung der Thuner Verkehrsführung im Zusammenhang mit dem Bypass Nord, ist das Ende der unteren Hauptgasse Richtung Steffisburg heute eine Einbahnstrasse und es stellt sich die Frage, ob man das über 500 Jahre bestandene Berntor nicht wieder rekonstruieren könnte? Gesamtsanierungen sind in Thun nichts neues. So wurde 1957 der Freienhof vollständig geprengt und wieder aufgebaut oder auch 1971 das Hotel Krone auf dem Rathausplatz. Im gleichen Jahr wurde auch der Schwäbisturm nach 127 Jahren gemäss alten Bildern wieder rekonstruiert. Für den, durch den Turbokreisel optisch stark in Mittleidenschaft gezogenen Berntorplatz, sowie dem daneben brachliegenden Viehmarkplatz, wäre ein Wiederaufbau des Berntors eine gelungene und interessante Chance: für die Entwicklung der Grabenstrasse und den gesamten Stadttourismus.

Ehemaliger Standort des Berntors (braun). Verlauf der Stadtmauer (grau schraffiert). Beim Bau der unteren Hauptgasse 31 (ehem. Berntorapotkeke) wurden die Fundamente des Berntors und der Stadtmauer vollständig entfernt. Quelle: Jahrbuch Schloss Thun, 1974.

Damaliger Standpunkt:

 

 

2 Gedanken zu „Berntor Thun

  • 9. Februar 2021 um 20:29
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    Guten Abend, unter “Anmerkung” ist vom Ende der Oberen Hauptgasse die Rede. Es ist wohl eher die Untere Hauptgasse gemeint, oder?

    Mit freundlichen Grüssen

    Heinrich Guanter

    Antwort
    • 9. Februar 2021 um 20:53
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      Danke für den Hinweis. Sie haben vollständig recht. Der Fehler ist korrigiert.

      Antwort

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