Goldiwil
Goldiwil wurde vor der Eingemeindung mit Thun 1913 durch den Grüsisbergwald praktisch zweigeteilt: Man sprach von jenen «ob dem Wald» und denen «nid dem Wald». Letztere machten rund zwei Drittel der Bevölkerung aus und waren durch ihre Wohnlage am Lauenen, den Hotels an der Hofstettenstrasse und hinauf zur Cholerenbachbrücke in Hünibach in Richtung Stadt mit deren modernen Annehmlichkeiten orientiert.
Derweil herrschte auf rund 1000 Höhenmetern «ob dem Wald» das geruhsame, aber auch harte Landleben in einem fast schon alpinen Klima. «Goldiwil ob dem Wald», von dem dieses Kapitel handelt, bildete ein langgestrecktes Bauerndorf mit Einzelhöfen und verstreut liegenden Hofgruppen, Speicher und Schober. lm Jahre 1806 gab es lediglich 42 Häuser, 1900 waren es 365 Gebäude. «Goldiwil ob dem Wald» erwachte erst aus dem Dornröschenschlaf, als 1895 in der Nachbargemeinde die über dem Nebel gelegene Höhen- und Luftkurort Heiligenschwendi eröffnet wurde. So musste dann auch in den Jahren 1870 bis 1874 zwischen Thun und Goldiwil eine neue Strasse angelegt werden. Sie bildete eine wichtige Voraussetzung für die Etablierung Goldiwils und eröffnete im Winter ein neues Freizeitvergnügen: Das Schlitteln. Die 7 Km lange Fahrt, führte vom Dorfkern bis zum Thuner Grabengut. 1906 wurde Goldiwil offiziell Wintersportort und im folgenden Jahr fand bereits die erste Schweizermeisterschaft im Schlitteln statt. Und analog der Davoser, hatten auch die Goldiwiler einen eigenen Schlitten: den Goldiwilerschlitten. Im Hotel Waldpark liess man Goldiwilerschlitten in grösserer Zahl herstellen, um sie den Gästen zu vermieten. Nach einer Blütezeit des Schlittelns in den 20er- und 30er- Jahren brachte der Zweite Weltkrieg einen Unterbruch. Erst nach der Aufhebung der Lebensmittelrationierung florierte der Schlittelbetrieb – mit Imbiss im Goldiwil – wieder richtig. Allerdings kam es auch zu schweren Unfällen, insbesondere Beinbrüche. Samariterinnen leisteten «sanitäts-polizeiliche Aufsicht». 1959 wurde das Schlitteln auf Verkehrsstrassen allgemein verboten. Der Thuner Gemeinderat beschloss aber spezielle Verkehrsmassnahmen, um das Schlitteln auf der Goldiwilstrasse weiterhin zu ermöglichen. 1963 kam aber das endgültige Verbot. Damit erlosch eine alte Tradition.
Die Eröffnung der Bernischen Höhenklinik in Heiligenschwendi brachte auch den Goldiwilern einen Aufschwung im Tourismus. 1896 erhielt das Dorf seine ersten Hotels, die Pension Blümlisalp (Dorfstrasse 88) und die (allerdings schon 1903 wieder abgebrannte) Alpenruhe (Dorfstrasse 37). Wenn sie sich als chaletartige Satteldachbauten auch an die ortsübliche Bauweise anlehnten, so führten sie mit ihrer pittoresk verspielten Detailgestaltung doch eine neue Stilrichtung ein. 1907 wurde das Hotel Waldpark (Dorfstrasse 44) eröffnet, ebenfalls ein grosses Chalet mit malerischen Elementen. Das bedeutendste «Fremdenetablissement» war allerdings das noble Schlosshotel Jungfrau mit der Telefonnummer 1, 1905–06 anstelle der 1896 erstellten Alpenruhe gebaut, das – obwohl weit weniger monumental – formal und stilistisch an das Thuner Beau-Rivage erinnert. Mit seiner prächtigen Lage auf einem Hügelsporn über dem Dorf war es ein Aussichtshotel par excellence, welches mit seinen schlossartigen Türmchen das Dorfbild bis heute prägt. Diese drei Hotels konnten insgesamt 140 Betten anbieten. Nachdem 1905 das Beau-Rivage als erstes Hotel in der Stadt Thun den Ganzjahresbetrieb eingeführt hatte, spielte Goldiwil im Konzept des Kur- und Verkehrsvereins insbesondere eine Rolle als Wintersportort mit Skipiste, Langlaufloipe und sogar einer Sprungschanze. Seine «reine, ozonreiche, absolut staubfreie Luft» machte Goldiwil aber auch zum Kinderkurort. Die Kurheime Freudenberg und Sonnalp, eröffnet nach dem Ersten Weltkrieg, boten mit ihren grosszügigen Lauben, Terrassen und verglasten Veranden das Bild ländlicher Kleinsanatorien.
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Der Name Goldiwil als selbständige Poststelle taucht verhältnismässig spät, nämlich erst 1987, auf. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Postsendungen für Goldiwil von Thun aus vertragen. Im Jahre 1844, zur Zeit der kantonalen Posthoheit, besorgte ein von der Gemeinde Thun angestellter und bezahlter Bote die Vertragung. Um 1850 herum war es der Kreisbriefträger, der für Fr. 40.00 jährlich vom Freienhof, dem damaligen Postbüro aus, wöchentlich dreimal Briefe und Karten nach Goldiwil und Schwendibach trug. Im Herbst 1868 wurde für die beiden Gemeinden dann die tägliche Postzustellung eingeführt. Im Jahre 1897 erfolgte die Errichtung der ersten Postablage beim Hotel Blümlisalp. In die gleiche Zeit fällt die Einführung der Pferdepost Thun-Goldiwil-Heiligenschwendi, die bis zur Jahrhundertwende einmal, nachher zwei- bis dreimal täglich verkehrte. Die Fahrzeit betrug für die Strecke Thun-Goldiwil fast zwei Stunden, der Fahrpreis einfach 65 Rp.
Goldiwil «ob dem Wald» blieb trotz Wintersport, Luft und Sonne als Fremdenort in Anspruch und Bedeutung immer weit hinter Hofstetten zurück. Das hing vor allem damit zusammen, dass hier traditionellerweise weit weniger enge Beziehungen zur Stadt Thun bestanden als im Dorfteil unten am See, wo zahlreiche Stadtbürger Grundeigentum besassen oder als Hoteliers wirkten.
Es waren denn auch vor allem die Einwohner Hofstettens, welche den politischen Anschluss Goldiwils an die Stadt Thun förderten. Die Stimmbürger von «Goldiwil ob dem Wald» konnten sich schlecht mit der Eingemeindung anfreunden. Selbst den zweiten Anlauf lehnten sie 1912 praktisch einstimmig ab, wurden aber von den Goldiwilern «nid dem Wald» überstimmt. Nach der Eingemeindung am 1. Januar 1913 erstellte die Stadt diverse Infrastruktureinrichtungen. So wurden beispielsweise die Gebiete «nid dem Wald» ans Gasverteilungsnetz angeschlossen. Mit der Gründung der Autoverkehr AG Thun–Goldiwil–Heiligenschwendi erhielt auch der Dorfteil «ob dem Wald» 1918 den Anschluss an den öffentlichen Verkehr.
Quellen: Jahrbuch Schloss Thun 1998, TT 24.06.2013, Sammlung Marcel Müller, Ernst Schneider «Goldiwil – Geschichte des Dorfes», Thuner Stadtgeschichte, BZ 11.01.2011, Festschrift Bernische Höhenklinik Heiligenschwendi 1895-1994, Autoverkehr Thun-Goldiwil-Heiligenschwendi ATGH 1918-1993 – 75 Jahre Jubiläumsschrift, INSA, Diverse
Marti Walter Bauer an der Abzweigunng Steffisburg/Goldiwil. War der letzte G.präsi von Goldiwil. Das Land für das Spital verkaufte er derStadt. Der quadrat Fuss um 10 Rappen! Mein Grossvater Ernst Heinrich Jg.1872 x Marti Rosa 1872
Meine Grossmutter kannte ich nicht.
Meine Grossmutter Mutterseits war eine Goldiwilerin, Spori Elise vom Geissental. Ich besass auch einen entsprechenden Goldiwilerschlitten mit dem ich in den 50er Jahren mehrmals vom Goldiwil nach Thun herunterraste.