Hotel Beau Rivage

Das 1905 eröffnete Hotel Beau Rivage gehörte zum letzten, der der einst blühenden Thuner Grosshotellerie an der Hofstettenstrasse unterhalb des Lauitorplatzes. Das Beau Rivage entstand zwischen 1902 und 1904 als monumentaler Palastbau mit höchst anspruchsvoller Detailgestaltung im luxuriös-pittoresken Stil.

Die mutigen Initianten des letzten grossen Thuner Hotels waren der Handelsmann Arnold Hofer, der Zuckerbäcker Rudolf Gartenmann und der berühmte Fotograf Jean Moegle. Letzterer hatte sein Fotostudio links neben dem zukünftigen Gebäude und hat einen nicht unwesentlichen Beitrag für viele wertvolle Thuner Bilder, auch auf der Seite thunensis, geleistet.

Um Platz zu machen für den Neubau, mussten aber zuerst noch die beiden alten Gebäude der Zehntkeller sowie das angebaute Schrämlihaus abgerissen werden. Der 1530 erbaute Zehntkeller diente nach der Übernahme Thuns durch die Berner Republik 1384 als Lagerhaus für den Weinzehnten. Die Ware wurde vom Oberland via Lastkahne hergeschifft und dort im kühlen Gebäude gelagert.

Skifahren in Goldiwil um 1907

An modernem Komfort für damalige Zeiten mangelte es im Beau Rivage an nichts: Im Erdgeschoss befanden sich Läden und ein grosses Wienercafé mit Confiserie. Dazu gab es eine Zentralheizung und elektrisches Licht sowie eine Lift-Einrichtung; Familien-Appartements mit eigenen Bädern und Klosetts und eine Autogarage. Mit dem Beau-Rivage, das als erstes grösseres Hotel Thuns ganzjährig geöffnet war, begann auch der Versuch, Thun als Winterferienort zu etablieren. Bei diesem Plan spielte vor allem das auf 1000 Meter gelegene und seit 1913 zu Thun gehörende Dorf Goldiwil als Wintersportort eine Rolle.

Jedoch musste auch das Beau Rivage mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges einen grossen Einbruch hinnehmen und die Hotelgäste blieben aus. Von 1916 bis 1918 wurden in den Wohnungen französische und belgische Kriegs-Internierte untergebracht. Zu deren Erholung richtete man im Beau Rivage eine therapeutische Gymnastikhalle mit 12 verschiedenen Apparaten ein, wo man Gelenkversteifungen und Muskelverkrümmungen behandeln konnte. Da es unter den Internierten auch Handwerker und Künstler gab, betrieben diese im Hotel eine Schnitzlerwerkstatt und gaben Konzerte.

Am Abend des 3. Februar 1925 kam es zu einem tragischen Unfall. Die Wittwe des Confiseurs Gartenmamn wollte im vierten Stockwerk den Lift besteigen, wobei sie in der Dunkelheit übersehen hatte, dass der Fahrstuhl noch unten im Parterre stand. Infolge Versagens der Sicherheitsvorrichtungen öffnete sich die Türe. Frau Gartenmann trat ins Leere, statt in den Fahrstuhl und stürzte 12 m tief in den Tod.

In der ehemaligen Kegelbahn im Untergeschoss wurde 1971 das wohl erste und einzige Hallenbad in Thun eröffnet. Das 12 x 5 Meter grosse Wasserbecken bot Platz für maximal fünf Personen und hatte eine Wassertiefe von 135 bis 145 cm. Das Becken konnte auch von nicht Hotelgästen stundenweise gemietet werden und erfreute sich grosser Nachfrage. Vor holzverkleideter Wand standen Rohrstühle um die Wartezeiten zu überbrücken. An der Wand hing ein grosses Steuerrad eines alten Thunersee-Dampfers.

Jahre nachdem der Thunerhof, das Bellevue und ihre Pforten für die Hotelgäste schlossen, kam 1989 auch das Aus für das Beau Rivage, als letztes Luxushotel in dieser Region. Diverse Umbaupläne der neuen Besitzerin «ReInvest AG» scheiterten am Zusammenbruch der Spar+Leihkasse Thun.

1999 gab es eine Totalsanierung während über zwei Jahren. Im ehemaligen Hotel befinden sich heute private Wohnungen, Arztpraxen sowie ein Restaurant.

Quellen: TT, 22.04.1998,  TT, 23.09.1994, TT, 23.10.1971, Gastort Thun, OT 03.02.1925, Diverse

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