Gasthof Sädel

Der Sädel als Gaststätte reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Es wird behauptet im Sädel hätten sich früher verpätete Wandersleute, wenn die Zöllner auf dem Berntorplatz schon um 8 oder 9 Uhr abends die Tore geschlossen hatten, «sädeln» müssen, wie sich die Hühner abends zu sädeln pflegen. So sei der Name entstanden.

Der Sädel gehörte zu den eher günstigeren Hotels im Raum Thun. So bekam man 1938 bereits ein Zimmer ab CHF 9.00. Unzählige Theater- und Tanzabende fanden im Saal des Sädels statt, welcher in direkter Konkurrenz zum genau gegenüberliegenden Hotel Emmenthal auf der anderen Seite der Bernstrasse stand, welches auch einen eigenen Festsaal besass.

Am frühen Freitagmorgen, des 25. Novembers 1910 kam es im Estrich über dem Tanzsaal zu einem Brand. Das Feuer, welches von dort liegenden Heuvorräten ausging, verbreitete sich rasch über den ganzen Estrich gegen die Knechten- und Dienstbotenzimmer, die Hals über Kopf die Flucht ergriffen. In der entstandenen Verwirrung gingen offenbar kostbare Minuten verloren und als etwa um 05.15 Uhr die Feuerwehr alarmiert wurde, stand bereits das ganze Dach des leichten Riegbaues in hellen Flammen und die Funken wirbelten bis zur Marktgasse hinunter. Dann aber rasselten Löschzug, Hydranten, Spritzen und Leitern heran und in verhältnismässig kurzer Zeit hatte man das Feuer unter Kontrolle. Vom Mobiliar des Gasthofes sowie der Wirtefamilie Schenk, konnte das meiste in Sicherheit gebracht werden. Dagegen verbrannte das der Familie des Stallknechts, sowie der Dienstboten fast alles. Die Decke des Tanzsaales brannte durch; vom Wirtschaftsgebäude wurde der Dachstock zerstört. Erheblichen Schaden hat auch das Wasser angerichtet. Das im Tanzsaal untergebrachte Inventar des Männerchors Frohsinn konnte gerettet werden. Das Feuer muss offenbar schon am Donnerstag entstanden sein und im Verborgenen um sich gegriffen haben, denn Schüler, die am Spätnachmittage dort turnten und Vorübergehende wollen schon gegen 17.00 Uhr einen Brandgeruch wahrgenommen haben. Die nebenstehende Scheune an der Grabenstrasse, wo sich das große, nur teilweise versicherte Lager, der landwirtschaftlichen Genossenschaft befindet, blieb zum Glück verschont.

Das Sädel-Haus mit der hölzerner Trinkhalle längs der Grabenstrasse ist nach dem Brand vom November 1910 auf den Grundmauern des abgebrannten Gebäudes 1912 wiedererstellt worden. 1961 wurde der Sädel komplett abgerissen und an seiner Stelle das Hotel Elite errichtet, welches seit 2014 unter dem Namen «Hotel am Schloss» betrieben wird. Verschwunden ist dabei auch der Sädel-Saal, was für Thun einen empfindlichen Verlust bedeutete.

Quellen: Mein liebes Thun, Markus Krebser, OT 04.03.1961, Geschäftsblatt des Kantons Bern 26.11.1910, Grütlianer, 30.11.1910, Diverse

Standort

Ein Gedanke zu „Gasthof Sädel

  • 30. September 2022 um 0:15
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    Der Spruch im Englisch: ‘You learn something every day’ trifft hier zu. Als alter Thuner der öfters im Sädu sass und später im Elite hatte ich keine Ahnung von der Geschichte des Hotels. In 1959 war ich sehr befreundet mit einer Serviertochter im Sädu. Wir sprachen sogar von Heirat.

    Ich gratuliere ihrem Team für die Gestaltung von Thunesis.com, vielen Dank dafür.

    Beste Grüsse von Queensland, Australien

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