Neufeld bei Thun
Das Gebiet des heutigen Neufeldquartiers war ursprünglich unter dem Namen „Vehweid“ (Kartenausschnitt von 1876) bekannt. Diese Bezeichnung wurde erstmals 1577 urkundlich erwähnt. Bis zur Umleitung der Kander in den Thunersee im Jahre 1714, wurde das Gebiet regelmässig überschwemmt und war nur als Weideland nutzbar. Vor Mitte des 19. Jahrhunderts befanden sich in der Gegend lediglich einzelne Bauernhöfe. Ab den 1880er-Jahren wandelte sich die Gemeinde Strättligen, zu der das Neufeld gehörte, zu einem Arbeitervorort, der in den Rüstungsbetrieben stark zunehmenden Angestellten. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden vor allem Arbeiter- und Einfamilienhäuser, meist entlang bestehender Hauptachsen. Weil mehr Arbeitsplätze geschaffen wurden, als Wohnraum bestand, war es für Arbeiterfamilien zunehmend schwierig, eine bezahlbare Unterkunft zu finden. Zwischen 1943 und 1960 entwickelten sich mit städtischer Unterstützung diverse Wohnbaugenossenschaften, drei davon im Neufeld-Quartier. Ausserdem entstand 1944 die Gemeindesiedlung Neufeld für sozial schwächere Familien. 1959 wurde das Neufeldschulhaus eröffnet, 1970 dann das Schulhaus Talacker. Zum regelrechten Boomquartier avancierte das Neufeld (gemeinsam mit dem Dürrenast) ab den 1950er-Jahren. Es entstanden zahlreiche Einfamilienhäuser und grössere Blocksiedlungen. 1962 eröffnete das Restaurant Neufeld mit einer Kegelbahn, 1974 kamen die drei markanten Hochhäuser am Meisenweg im Talacker hinzu.
Impulse für das Neufeldquartier lieferte 1971 die Eröffnung der A6 mit dem Autobahnanschluss Thun Süd sowie dem 1977 eröffneten Zentrum Oberland als Treffpunkt mit seinen charakteristischen orangen Fassadenteilen.
Im Juni 1933 nahm die erste innerstädtische Buslinie ihren Betrieb auf. Sie war nur im Sommer in Betrieb und führte vom Rathausplatz zum neu eröffneten Strandbad im Dürrenast. Der Strandbadbus erfreute sich grosser Beliebtheit, doch 1940 requirierte das Militär den Autobus, was das vorläufige Aus der Buslinie bedeutete. Als nach dem Zweiten Weltkrieg das Benzin wieder frei erhältlich war, reaktivierte die Stadt den Strandbadbus und betrieb ab Sommer 1946 die Strecke Thun–Bahnhof–Dürrenast ganzjährig im Halbstundentakt. Damit legte sie den Grundstein zum Städtischen Autobusbetrieb Thun (SAT), dessen Streckennetz in den folgenden Jahren erweitert wurde. Ab Ende 1947 führte eine zweite Buslinie vom Bahnhofplatz ins Neufeld.
1980 lebten in der Schweiz 17400 Zeugen Jehovas. Ihr Hauptsitz, der sogenannte «Watch Tower» befand sich im Neufeld, am Ulmenweg 45, wo im grossen Stil Drucksachen, wie der «Wachtturm» für ganz Europa produziert wurde. Lohn erhielten die rund 60 Mitarbeitende keinen, sie arbeiteten im «Status der Freiwilligen». Nebst Kost und Logis erhielten sie ein Taschengeld. Das Wohn- und Arbeitshaus erinnerte so an einen klosterähnlichen Betrieb. Eine ungleich grössere Wohn- und Arbeitsstätte führten die Zeugen Jehovas in Deutschland, in Selters. Ab Januar 2011 wurde der gemeinsame Sitz für die Schweiz, Österreich, Luxemburg in Selters umgelagert. Viele in Thun arbeitende Mitglieder verlegten danach ihren Wohnsitz nach Deutschland. Die «Wachtturm»-Druckerei der Zeugen Jehovas wurde 2014 abgerissen.
Quellen: Strättligen von Louis Hänni, BZ, 12.02.2014, Thuner Stadtgeschichte, Thun, das Magazin 03/2022 Diverse
Guten Tag
Vielen Dank für die Publikation der Bilder, das weckt liebe Erinnerungen.
Zwei Anmerkungen:
-die Luftbildaufnahme vom Dohlenweg muss eher 1958 entstanden sein. Die beiden Wohnblöcke in der Kurve (gerade beim roten Wort) waren 1960 schon erstellt. Meine Eltern sind damals dort eingezogen.
– Das drittletzte Bild “Baustelle beim Dohlenweg” stimmt so nicht. Das kleine Haus stand südlich vom Siegenthalergut, hat vielleicht noch dazugehört. Die Baustelle war die von der Migros. Im Hintergrund
stehen die Blöcke an der Talackerstrasse , die kürzlich (2-3Jahre) abgerissen wurden. Im Volksmund wurde diese Siedlung als “Glaspalast” bezeichnet.
Mit freundlichen Grüssen
Susanna Wenger
Danke für den wertvollen Hinweis. Hab die Bildlegenden angepasst.