Kuhbrücke
Die Kuhbrücke war im Mittelalter eine gedeckte Holzbrücke von nur 4,5 Metern breite. Die Thuner Allmend stand in dieser Zeit allen genossenschaftlich organisierten Landwirte zur freien Verfügung. Um die Stadt zu queren passierten die Kühe das Kuhtöri (Allmendtor) und eben die Kuhbrücke, was der Brücke ihren Namen gab. Diese Art von Weidegang stiess in Thun allerdings auf immer mehr Widerstand, da die Kühe auf ihrem täglichen Heimweg Dünger verloren. So wurden im Laufe des 18. Jahrhunderts auf der Allmend selbst Ställe errichtet.
Kuhbrücke Blickrichtung Bälliz
Auf der rechten Seite stand das alte Völklihaus oder Scharfrichterhaus. Die Entstehungsgeschichte des Gebäudes, des Vorderen Steinerhauses, wie es ab 1893 genannt wurde, mutet heute recht seltsam an. 1865 wurden die fünf Thuner Zünfte aufgelöst. Mit dem frei werdenden Kapital gründeten die ehemaligen Mitglieder der Metzgern-, Pfistern- und Schmiedenzunft eine Handwerker- und Gewerbebank, die Spar- & Leihkasse Thun. Als anno 1876 die Bank den Wunsch nach einem eigenen Gebäude verspürte, erwarb sie diese baufällige Besitzung für einen Neubau. Der Plan verwirklichte sich jedoch nicht. Stattdessen veräusserte sie das Völklihaus 1890 an den Schuhmachermeister Eduard Steiner unter zwei akkuraten Bedingungen: «dass er umgehend neu baue und gleichzeitig der Kasse den ersten Stock vermiete.» Wenn heutzutage im Bälliz neu gebaut wird, so sind die Bauherren gewöhnlich Banken und Versicherungen und kaum Einzelpersonen. Und wenn schon, dann wohl nicht ein Schuhmachermeister, der in der Regel nicht in der Lage ist, sich auch nur als Mieter in einem von einer Bank erstellten Neubau zu installieren. Das alte Völklihaus wurde dann 1892 abgerissen und der Neubau 1893 bezogen. Die Spar- und Leihkasse zog 1901 weiter in ihre neue und repräsentative Hauptfiliale am andern Ende der Häuserzeile, beim Brückenkopf zur Allmendbrücke (heute Restaurant la Perla).
Das Steinerhaus war ein gepflegtes Gebäude mit zahlreichen Fassaden-Ornamenten und von ausgesprochen städtischem Charakter. Im Erdgeschoss befanden sich die Apotheke Dannegger (die Stammfirma der heutigen Bälliz-Apotheke) und das Restaurant Gambrinus benannt nach dem legendären König, welcher der Erfinder des Bierbrauens gewesen sein soll. Das Gambrinus mit seiner Aareterrasse war auch bekannt für seine ausgefallenen und kuriosen Abendveranstaltungen (siehe ein paar Inserate unten). So wurde im Jahr 1898 der 8 Fuss hohe Amerikaner Lewis Wilkins als „Riese“ zur Schau gestellt (Bild links).
31 Jahre nach dem Hauptgeschäft in Bern eröffnet das Warenhaus Loeb 1912 seine erste Filiale in Thun. Nachdem der Loeb im Bereich bei den ehemaligen Falken-Stallungen im Bälliz seinen Neubau bezogen hatte, wurde das Haus der Migros verkauft, komplett abgerissen und 1955 durch den Neubau ersetzt wie wir ihn heute kennen.
Kuhbrücke Blickrichtung Marktgasse
Auf der linken Seite steht das Café Frey. Während rund eines halben Jahrhunderts wurden auf einer grosszügigen Aareterrasse direkt neben der Kuhbrücke und am Ende der Marktgasse die Gäste des Restaurants Frey mit spanischen Spezialitäten verwöhnt. Das Restaurant wurde 1963 abgebrochen und durch den damaligen Neubau, des Herrengeschäft PKZ (heute Coop Kyburg) ersetzt. Anstelle der Aareterrasse entstand ein Durchgang der Aare entlang, mit den grossen Schaufenstern des Kleidergeschäfts des ehemaligen PKZ. Auf der rechten Seite stand das 1958 abgerissene alte Waaghaus. Am 10. Oktober 1913 fuhr zum ersten Mal das Thuner Tram über die Kuhbrücke vom alten Bahnhof Richtung Steffisburg. Die Aufenthaltsqualität für Fussgänger sowie der Verkehrsfluss wurde deutlich gesteigert durch das flächige Queren, welches 2011 mit den «blauen Wellen» auf der Kuhbrücke eingeführt wurde.
Quellen: TT, 06.07.1987, TT, 13. März 1987 Christoph Müller, Mein liebes Thun, Markus Krebser, 150 Jahre Milchverwertungsgenossenschaft Thun und Umgebung von Christian Aeschbacher, Diverse
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