Die alte Hoffmann Fabrik

1890 erwarb Eduard Johann Hoffmann das kleine, im Aarefeld gelegene Fabrikgebäude mit Garten, der ehemaligen Liquerfabrik Amstutz & Denner. Zweck des Kaufes war die Aufnahme der Fabrikation einer neuartigen Patronen-Ladeschachtel für das damals einzuführende Armeegewehr. Nach eingehender Prüfung verschiedener Modelle, entschied sich General Herzog für dasjenige von E. J. Hoffmann aus Zürich. Hierauf wurde er von der Munitionsfabrik in Thun mit der Fabrikation dieser Ladeschachteln betraut, jedoch mit der Bedingung, dass dieselben am Platz Thun erstellt werden müssten.

Bereits nach sieben Jahren beschloss das Militärdepartement die Ladeschachteln selbst herzustellen. Dies war ein harter Schlag für die Firma und sie war gezwungen umzudenken und umzuschalten. Es folgten sieben schwere Jahre, mühsam und verlustreich. Maschinen und Werkzeuge mussten wieder angekauft werden. Doch die Rüstungskonversion gelang!

Mit den Materialien Karton und Blech, mit denen man vorher die Ladeschachteln herstellte, produzierte man nun aller Art Schachteln und Dosen. wie die lang haltbaren Blechdosen für Schmelzkäser der Firma Gerber. Damit schaffte sich die Firma bald einen guten Namen und der Betrieb wuchs. 4)

1923 wurde dann der neue Zentralbahnhof Thun gebaut und damit viele andere Häuser in der Nähe. Nun stand die Hoffmann-Fabrik plötzlich nicht mehr ausserhalb, sondern mitten in der Stadt und des Geschehens. Trams und später Busse umsäumten das Gebäude. Ein Schiffskanal wurde gleich daneben ausgehoben.

Schon 1915 waren die beiden Söhne Gottfried und Arthur Hoffmann in die elterliche Firma eingetreten. 1926 übernahmen sie dann die Unternehmung. Die Zeit der Automation war angebrochen. Neubauten wurden nötig. Denn man wollte doch der Konkurrenz eine Nasenlänge voraus sein. Mit grossem Engagement und kluger Planung der Firmenleitung gelang es verschiedene Krisen- und Kriegszeiten unbeschadet zu überstehen. Während des zweiten Weltkrieges traten als Vertreter der dritten Generation Arthur und Heinrich Hoffmann in das Unternehmen ein.

Die Räumlichkeiten beim Bahnhof waren inzwischen zu eng geworden und entsprachen nicht mehr den Bedürfnissen. So verkaufte man 1986 das Grundstück samt Gebäude sowie  das auf dem Gelände liegende Panoramahaus und konzentrierte sich auf den Standort Gwatt. Man konnte schon 1987 zum ersten Spatenstich für den An- und Neubau schreiten. Nach einer erfolgreichen Bauphase von 18 Monaten erfolgte der sehr aufwendige Umzug an die Eisenbahnstrasse. 1)

1989 verlässt die Firma das alte Gebäude im Aarefeld vollständig. Bis zum Abriss durchlebte der alte Gebäudekomplex allerdings noch eine sehr bewegte Zeit. So siedelten sich zahlreiche Gewerbe- und Kulturbetriebe an. Auch die Kaufmännische Berufsschule fand mehrere Jahre im Hoffmann-Gebäude Asyl, währenddessen an der Mönchstrasse deren Renovation stattfand.

Ausserdem brannte es im Jahr 1993 gleich drei Mal. Der schlimmste Brand erfolgte am 8. Juli, als das ehemalige Bürogebäude bis auf die Grundmauern zerstört wurde. 2)

Im Keller mit den niedrigen Decken ging derweil im Kulturbahnhof (KUBA) die Post ab. Vom Herbst 1989 bis Frühling 1993 fanden dort zahlreiche Konzerte, Theater, Ausstellungen und andere Veranstaltungen statt. Nachdem der Abriss durch eine Einsprache verzögert wurde, konnte der Kulturbetrieb unter dem Namen «Budway» mit einem anderen Team noch kurz bis Schluss weitergeführt werden. 3)

Im Frühling 1994 wurde der Gebäudekomplex vollständig abgerissen. An seiner Stelle stand bis 2021 die Hauptpost, welche vom ehemaligen Standort im Bälliz hierher zog.

Quellen: 1: TT, 21.06.1990, 2: TT 29.12.1993 3: TT 10.06.1993, 4: Firmenbroschüre zum 50-jährigen Bestehen, Diverse

Damaliger Standort

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.